Kamenz: Gotthold Ephraim Lessing

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Wer sich mit der Zeit der Aufklärung befasst, kommt an Gotthold Ephraim Lessing schwerlich vorbei, dem deutschen Vordenker aus dem 18. Jahrhundert. Sein Theaterstück „Nathan der Weise“ zählt in deutschen Schulen zu den meistgelesenen Klassikern und immer wieder aufs Neue zeigt sich die Relevanz seines Plädoyers für religiöse Toleranz. 
Gründe genug also, um sich Lessing auch jenseits der „Schul-Pflicht“ zu nähern. Und bei dieser Kür wiederum kommt niemand an Kamenz vorbei. Denn hier wurde der Denkerdichter geboren und an keinem Ort lebte er länger als hier. Deshalb dreht sich vieles in der Stadt um Leben und das Werk des Aufklärers.

Fruchtbare Spurensuche

Viele Wege führen auf Lessings Spuren durch Kamenz. Vorbei an dem Ort, wo sein Geburtshaus stand, in dem der spätere Aufklärer ab 1729 seine ersten Lebensjahre verbrachte. Sie führen in seine Taufkirche St. Marien und durch die Gassen, denen der kleine Lessing auf dem Weg zur Ratslateinschule folgte. Alle diese Pfade enden letztlich im Lessing-Museum. Erst hier erschließt sich dem Kamenz-Besucher, welche Wege den berühmtesten Sohn der Stadt zu jenen Erkenntnissen führten, die sein Werk so außergewöhnlich machen. 

Dass Gotthold Ephraim Lessing es zu etwas bringen würde, zeichnete sich schon früh ab. Mit fünf Jahren las der Pfarrerssohn und Bürgermeisterenkel bereits fleißig in der Bibel und bald alles, was ihm in die Finger kam. Als ihn die örtliche Lateinschule nichts mehr zu lehren vermochte, wurde er 1741 als Stipendiat an der Fürstenschule St. Afra in Meißen aufgenommen. Nur fünf Jahre später verließ er die Schule mit ausgezeichneten Leistungen vorzeitig und ging zum Studium nach Leipzig. Dort erlag der junge Lessing rasch dem Zauber des Theaters und zog nun die Dramen und die Damen seiner Zeit den gelehrten Schriften vor. Das war dem Theologiestudium wenig dienlich und versetzte Lessing Senior in Rage. Im Lessing-Museum sind die Besucher rasch mittendrin im Sturm und Drang des angehenden Literaten. Anhand von Bildern und Texten werden sie Zeugen des unausweichlich folgenden Streits mit dem Vater und des Umzugs ins provinzielle Wittenberg, wo sich der Student mit weniger Ablenkung dem Studium von Medizin und Philosophie widmen sollte.

Das abenteuerliche Leben Lessings

In Wittenberg machte Lessing seinen Magister und zog bald darauf erst nach Berlin, später durch die Niederlande und schließlich in den Krieg. Wegen der guten Bezahlung verdingte er sich beim Militär und folgte seinem Dienstherrn General Tauentzien von Berlin nach Breslau. Dort soll sich der Büchernarr Lessing in wenigen Jahren eine Bibliothek von rund 6.000 Bänden aufgebaut haben. Dieser enorme Bestand fiel jedoch seinem weiterhin unsteten Leben zum Opfer. Lessing kehrte nach Berlin zurück und fand ab 1767 in Hamburg einen neuen Lebensmittelpunkt, wo er als Dramaturg am Nationaltheater sein hintersinniges Lustspiel „Minna von Barnhelm“ erfolgreich auf die Bühne brachte. In der Hansestadt lernte er noch seine spätere Ehefrau Eva König kennen, bevor er 1770 seine letzte Stellung in Wolfenbüttel als Bibliothekar von Herzog Carl I. antrat.

In dieser Lebensphase kam der rastlose Lessing wohl zum ersten Mal innerlich zur Ruhe. Er arbeitete in der Bibliothek, reiste mit dem Braunschweiger Prinzen Leopold durch ganz Italien, verlobte sich 1771 mit der verwitweten Eva König und heiratete sie am 8. Oktober 1776. Das Eheglück währte nur ein gutes Jahr: Der gemeinsame Sohn Traugott lebte nach seiner Geburt am Weihnachtstag 1777 nur zwei Tage, zwei Wochen darauf starb Eva Lessing am Kindbettfieber. Der Philosoph selbst sollte seine Frau nur um drei Jahre  überleben. Gesundheitlich angeschlagen, nahm er dennoch äußerst aktiv an den literarischen Auseinandersetzungen jener Jahre teil und schuf noch mehrere Hauptwerke. Zu diesen zählt zweifellos sein „Nathan der Weise“ aus dem Jahr 1779, der ihn weit über seinen Tod im 53. Lebensjahr hinaus überdauern sollte.

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© Philipp Herfort
Magazin Stadtschönheiten Sachsen
07. Oktober 2025