- Fotos & Karte
Wie erfolgt die Anreise?
- Artikel
- Kommentare
Wechselhafte Zeiten
Bereits 1711 monierte Zar Peter der Große bei einem Besuch den schlechten Zustand von Freudenstein. Es folgten bewegte Jahrhunderte mit immer neuen Nutzungen des Schlosses. So diente es ab 1750 parallel als Zucht- und Waisenhaus, später als Domizil für die neue Bergakademie Freiberg. Es wurde zum Waffenlager und Kornspeicher umgebaut und nach 1813 als Lazarett für 1.500 verwundete französische Soldaten genutzt. Sogar eine Kaffeerösterei fand um 1920 in den einst so prächtigen Gemächern Raum.
Ein Jahrhundert später haben sich die Geschicke gewandelt. Fast könnte man meinen, Freudenstein habe seine eigentliche Bestimmung gefunden. Prächtig ist es wieder, auch
wenn sein neues Gewand bisweilen polarisiert. Sogar eine Schatzkammer gibt es wieder. Silber wird zwar nicht mehr gehortet, aber dafür liegen dort die prächtigsten Minerale
der Erde, versammelt in der terra mineralia. Dass diese Schau derart wirkmächtig erscheint, hat viel mit der neuen Architektur in und an Schloss Freudenstein zu tun. Mutig
setzten die Baumeister des Architekturbüros AFF nackten Beton in Kontrast zur Formensprache der Renaissance. Auffällige graue „Hutzen“ ragen jetzt in den Schlosshof, der jede Pflastersteinromantik abgelegt hat – und die Eingangshalle umfängt Besucher im Inneren mit kraftvollem Magenta. Im Empfangsbereich mit Museumsshop wechselt das Farbspiel zu strahlendem Weiß; mit der Eintrittskarte erkauft man sich ein gleichsam magisches „Zeitreiseticket“. Denn eine Tour durch die terra mineralia führt einerseits durch Jahrmillionen der Erdgeschichte und illustriert andererseits die Kraft der Architektur im Wandel der Zeiten.
Magische Einblicke allerorten
Neben den Aufzügen am Beginn des Rundgangs öffnet sich der Raum über mehrere Stockwerke. Schmale Renaissance- Fenster sind in mehreren Reihen zu erkennen und mitten in dem völlig entkernten Baukörper steht ein Koloss aus rauem Beton. Assoziationen zu einem Bergwerk und felsigem Gestein entstehen hier, wo das Sächsische Bergarchiv ein hochmodernes und klimatisch abgesichertes Domizil gefunden hat. Vier Ebenen höher finden sich die Gäste plötzlich mitten in der Vergangenheit wieder. Zwischen mächtigen Balken beginnt der Rundgang unter niedrigen Decken im einstigen Kornspeicher. Noch heute sind im Holzboden die Abdrücke einzelner Weizenkörner unter tonnenschwerer Last zu erkennen. Nur wenig entfernt liegt, etliche Meter tiefer: Europa. In strahlender Schönheit werden hier die schönsten Minerale des Kontinents präsentiert. Modernes Ambiente mit dunklen Vitrinen dominiert und setzt die edlen Steine kraftvoll in Szene. Zwischen einzelnen Sälen, Etagen und Kontinenten wechseln die Schlossgäste über das historische Treppenhaus, bis sie nach zwei magischen Stunden vor der „Schatzkammer“ ankommen. Auf dem Weg dahin durchqueren sie einen „Tresor“ und einen Raum, an dessen Wänden sich die Namen von 4.253 Mineralen finden. Und dann warten unter den rußgeschwärzten Gewölbebögen der einstigen Schwarzküche die größten Schätze der Unterwelt.
Teils metergroße Minerale, deren Formen und Farben auch nach dem berauschenden
Rundgang nochmals alles übertreffen. Erika Ströher, die Begründerin der Sammlung,
hat etliche dieser Stücke eigens für diesen Raum angekauft und damit ein würdiges Finale für eine einmalige Show ermöglicht. Denn anders kann man die Vielfalt der Eindrücke
in Freudenstein kaum nennen. Was für ein Schloss!
Link zur terra mineralia